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2003:2 Die intergenerationale biographische Konfiguration der Bewohner des tschechischen Teils der Euroregion "Neiße" |
František Zich, Ondřej Roubal, Barbora Spalová |
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Die Studie fasst die Erkenntnisse einer biographischen Untersuchung der Identität und Mentalität der Bewohner des tschechischen Teils der Euroregion Neiße zusammen. Sie knüpft an die Ergebnisse des internationalen Projektes "Biographische Identität im Grenzraum" an, das in den Jahren 1999 bis 2002 durch das "Team Grenzraum" des Soziologischen Instituts der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik in Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen und der Universität Breslau realisiert wurde. Die Studie resümiert ebenso Erkenntnisse aus dem Projekt "Die regionale Identität der Bewohner der Euroregion Neiße" (Projekt GA ČR 403/02/1332). Die Untersuchungsmethode beruht auf biographischen Gesprächen mit Vertretern der Generation der "Großeltern" und der Generation der "Enkel". Die Analyse der Biographien machte es möglich, Typen der Konstellation zwischen den Generationen abzuleiten. Der persistente Typ der Konfiguration zwischen den Generationen ist durch die relativ stärkste Bindung zwischen den Generationen gekennzeichnet (Traditionen, Werte, soziale Bindung). Die jüngere Generation überschreitet die Familientraditionen nur im Einklang damit, was die äußeren Veränderungen des Gesellschaftssystems mit sich bringen. Der immanent modernisierende Typ zeichnet sich generationsübergreifend durch die Aneignung und Weitergabe allgemein zivilisatorischer Werte und Trends aus. Für den affirmativ-modernisierenden Typ des Verhaltens der Generationen zueinander ist die Modernität der jüngeren Generation charakteristisch, die mit dem Umfeld der älteren Generation jedoch nicht im Einklang steht. Der Break-Typ ist dadurch gekennzeichnet, dass sich ein Vertreter der jungen Generation vollkommen anders orientiert als seine Eltern und Großeltern. Die angeführten Typen werden in der Arbeit durch Kategorien charakterisiert, die aus dem biographischen Material abgeleitet sind und durch ausgewählte Äußerungen der Respondenten illustriert werden.
Zusammenfassung
Die Studie beinhaltet Erkenntnisse aus der biographischen Untersuchung der Identität und Mentalität der Bewohner im tschechischen Teil der Euroregion Neiße. Sie knüpft an die Ergebnisse des internationalen Projektes "Biographische Identität im Grenzraum" an, das in den Jahren 1999 bis 2002 durch das "Team Grenzraum" des Soziologischen Instituts der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik in Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen und der Universität Breslau realisiert wurde. Sie fasst ebenfalls Erkenntnisse aus einer Untersuchung der regionalen Dimension der biographischen Identität der Bewohner zusammen.
Der tschechische Teil der Euroregion Neiße umfasst zum größten Teil das Gebiet, aus dem nach dem Zweiten Weltkrieg die Deutschen ausgesiedelt wurden. Die Studie erfasst die Prozesse der Ausformung des sozialen und kulturellen Milieus dieser neu entstehenden lokalen Gemeinschaften, berücksichtigt die soziale Struktur der Bevölkerung und ihre regionale Identität. Diesen Fragen sind die ersten beiden Kapitel gewidmet.
Die Untersuchungsmethode beruht auf biographischen Gesprächen mit Vertretern der Generation der "Großeltern" und der Generation der "Enkel". Dies ermöglicht ihre komparative Analyse und die Ableitung von Erkenntnissen, die sich auf die Fragen der biographischen Identität und der nationalen Mentalität aus generationsübergreifender Sicht beziehen. Es wurden mit 60 Generationspaaren biographische Gespräche geführt, und zwar mit Respondenten aus unterschiedlichen sozialen Milieus und verschiedenen Gebieten der Region. Ziel war es, die erforderliche Repräsentativität der erhaltenen Erkenntnisse zu erreichen.
Auf der Grundlage einer schrittweisen vergleichenden Analyse der Biographien wurden die Dimensionen abgeleitet, welche die grundlegenden Inhalte der Identität der untersuchten Bewohner charakterisieren, und im Anschluss daran wurden die Grundtypen der biographischen Konstellationen zwischen den Generationen abgeleitet. Als einflussreichste Dimension der Konfiguration zwischen den Generationen zeigt sich die "Modernisierung" (als dauerhafter Zivilisationstrend) bzw. ihre Reflexion, Erfassung, die Einstellungen zu ihr und vor allem die Teilnahme der untersuchten Personen an den aktuellen Modernisierungsprozessen. Aus den Analysen der biographischen Gespräche der Generationspaare geht hervor, dass sich die Intensität bzw. das Maß der Modernität im Verhalten der jüngeren Generation im Vergleich mit der Generation der Großväter unterscheidet. Die Verfolgung der Modernisierungsachse bei der Analyse der Biographien beider Generationen ermöglichte es, drei grundlegende Typen der biographischen Konstellation zwischen den Generationen zu konzipieren: a) den persistenten, der durch eine starke Übereinstimmung zwischen den Generationen gekennzeichnet ist; b) der modernisierende Typ, für den eine deutliche Anknüpfung der "Enkel" an die reflektierten Erfahrungen und Positionen der "Großeltern" und ein nachdrückliches Streben der "Enkel" nach Selbständigkeit charakteristisch ist; c) der Break-Typ, bei dem es in erster Linie um die Diskontinuität zwischen dem Lebensstil der älteren und jüngeren Generation geht. Im Vergleich mit ähnlichen Vorgehensweisen des deutschen und polnischen Forschungsteams war es möglich, diese Typen auch aus dem nationalen Blickwinkel zu spezifizieren. Für den tschechischen Teil wurde der modernisierende Typ noch in einen immanent modernisierenden und einen affirmativ modernisierenden Subtyp unterteilt. Sie unterscheiden sich voneinander durch den Grad, in dem die Familie auf die Modernisierung vorbereitet ist. Das immanente Modernisierungsumfeld der Familie rechnet programmatisch mit der Modernisierung der gesamten Gesellschaft, ist fähig, die Situation und die entsprechenden Prozesse zu akzeptieren und in geeigneter Weise an ihnen zu partizipieren und von ihnen zu profitieren. Dies tritt am häufigsten in Familien mit einem hohen sozialen und kulturellen Kapital auf, in der Regel im Umfeld der Mittelschichten. Dagegen zeichnet sich der affirmativ modernisierende Typ durch ein signifikant aktives Verhalten der jungen Generation aus, die sich bemüht und von der Notwendigkeit überzeugt ist, die Chancen zu nutzen, welche die gegenwärtige (sich transformierende) Gesellschaft bietet. Dieses Bemühen um Modernisierung (Selbständigkeit, Sich-Lösen von den Familientraditionen) ist jedoch meist unzureichend vorbereitet, realisiert sich ohne ausreichendes Potential an kulturellem und sozialem Kapital und meist auch ohne den entsprechenden ökonomischen Hintergrund.
Der Analyse der Biographien zufolge herrscht im tschechischen Teil im Allgemeinen eine kontinuierliche Beziehung zwischen den Generationen vor. Das bedeutet, dass die jüngeren Generationen unter den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen annähernd den gleichen Verhaltenshabitus und die Richtung der Lebensorientierung wahren, die von den älteren Generationen geformt und gelebt wurden. Nur selten begegnen wir Fällen eines grundsätzlichen Bruchs zwischen den Generationen, was die Lebensauffassung als Ganze betrifft, und einer Veränderung des Lebensstils, unabhängig davon, ob es sich um eine Veränderung im Sinne eines radikalen sozialen Abstiegs oder Aufstiegs handelt. Diese Anknüpfung wird jedoch ausdrücklich reflektiert und modernisiert. Die modernisierenden Typen haben so in unserer Untersuchung das Übergewicht. Das zeugt davon, dass im tschechischen Umfeld ein modernisierendes Handeln (beider Typen) zum Inhalt der Mentalität der Menschen gehört und eine mehr oder weniger selbstverständliche Reaktion auf die sich verändernde gesellschaftliche Situation darstellt. Diese Modernisierungsorientierung korrespondiert auch mit einer gewissen Fähigkeit zur rechtzeitigen Antizipation und Anpassung als Methode, die das Überleben ermöglicht. Dies bringt im Ganzen positive Bedingungen für eine offene Gesellschaft und für die Integration in ein breiteres internationales Umfeld mit sich.
Die einzelnen Typen werden in der Arbeit durch Kategorien charakterisiert, die aus der vergleichenden Analyse der Biographien abgeleitet wurden. Die Kategorien charakterisieren die Anknüpfung der Generationen und die Veränderungen einiger Züge der Mentalität und Identität der jüngeren Generation der Bewohner in der untersuchten Region.
Die Kategorie "offene familiäre Bindungen" zeigt, dass die familiären Bindungen in unseren Verhältnissen dauerhaft eine bedeutende Rolle spielen, aber relativ locker sind. Die Bindung an die Familie hat, insbesondere bei der jungen Generation, nicht den Charakter einer fatalen Verpflichtung, sondern eher den einer sensiblen und respektierten sozialen Beziehung. Die Kategorie, die als Verbindungsbedürfnis (Korporativismus) bezeichnet wird, ist meist eine Angelegenheit der Bindung an die Gemeinschaft vor Ort, an verschiedene lokale Vereinigungen, Vereine und Organisationen. Der Korporativismus ist auch eine spezifische Form der regionalen Identität der Menschen. Am stärksten ist sie beim persistenten generationsübergreifenden Typ ausgebildet. Die reflexive Einstellung zu den Traditionen besteht in einer rationalen Beurteilung der Werte, Normen, Gewohnheiten, Einstellungen und Verhaltensmuster der älteren Generation und einer Auswahl dessen, was notwendig ist und was akzeptiert und unter den neuen Bedingungen weiterentwickelt (modernisiert - im Geiste der Entwicklung der Gesellschaft neu bewertet) werden kann, oder was lieber nicht weitergeführt werden sollte. Die Antizipation als Fähigkeit, die Entwicklung der Dinge vorwegzunehmen und Mittel zum Erreichen eines bestimmten Ergebnisses zu konzipieren, bildet gemeinsam mit der Flexibilität und der Fähigkeit zu improvisieren einen deutlichen Zug des tschechischen Naturells. Individualisierung und Selbständigkeit sind grundlegender Ausdruck der derzeitigen Modernisierung (Postmodernisierung) der gesellschaftlichen Prozesse. Sie bilden die Lösung des Widerspruchs und der Spannung, die zwischen der formellen (organisierten) und informellen (nicht organisierten) Seite des Lebens der Gesellschaft existiert, und sind für beide modernisierenden Subtypen der Konstellation zwischen den Generationen typisch.
Aus dem Ergebnis folgt, dass sich die tschechische Gesellschaft überwiegend durch das modernisierende generationsübergreifende Verhalten auszeichnet (zahlenmäßig überwiegt die generationsübergreifende Beziehung des modernisierenden Typs). Diese Offenheit ist jedoch nicht grenzenlos, sie ist weder naiv, noch allgemein. Die Modernisierungsprozesse in der Gesellschaft und bei den Einzelnen verlaufen unterschiedlich und wenn wir sie auf der Grundlage der Zunahme von Unkonventionalität und Selbständigkeit der Individuen gegenüber Organisationen und der Unabhängigkeit von den Traditionen messen, dann haben sie natürlich unter den jungen Leuten die meisten Verfechter und Träger. Das verhältnismäßig hohe Niveau des modernen Denkens und Verhaltens ist das Produkt der gesellschaftlichen Entwicklung und offenbar auch der geschichtlichen Erfahrungen und Ereignisse, welche die tschechische Gesellschaft durchlaufen hat. Dies ist ein Bestandteil der tschechischen Mentalität und der Fähigkeit zu antizipieren. Das moderne Verhalten der Menschen, dessen Kern eben gerade die Individualisierung ist, also Selbständigkeit und Verantwortung für das eigene Leben, hängt sowohl von den äußeren Bedingungen (Globalisierung, Postmodernität, Integration, politisches System des Staates), als auch vom engeren sozialen Umfeld und der jeweiligen individuellen Disposition ab.
Schlüsselbegriffe:
Biographische Identität, Mentalität, soziokultureller Raum, biographische Konstellation zwischen den Generationen, Typen der Konstellation zwischen den Generationen: persistent, immanent, affirmativ, abbrechend.
Reflexiver Zugang zu den Traditionen, Korporativismus, familiäre Bindungen, Antizipation, Individualismus
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Mezigenerační biografická konfigurace obyvatel české části Euroregionu Nisa |
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