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2007:10 Partizipation und Partnerschaft in der Kommunalverwaltung |
Pavel Nejdl, Daniel Čermák (eds.) |
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Ziel der vorliegenden soziologischen Studien ist die Beschreibung des Grunddiskurses der Kooperation, Partizipation und Partnerschaft in ihrer Auffassung im Rahmen der demokratischen Gesellschaftsordnung in der Tschechischen Republik und ihren Regionen. In juristischer Hinsicht wird dieser Diskurs durch die tschechische Rechtsordnung definiert, des weiteren wird er durch die Ergebnisse der Forschung in der tschechischen Sozial- und Politikwissenschaft gebildet und von den Medien beeinflusst. Der Grunddiskurs bildet sich des weiteren in den Programmen der politischen Parteien, in Regierungserklärungen sowie in Texten zu Entwicklungsdokumenten. Adressaten der Prinzipien und zugleich Gestalter des Diskurses sind die Akteure selbst, die im Prozess der demokratischen Verwaltung der Gesellschaft auftreten. In diesem Punkt haben wir uns bislang auf die Frage konzentriert, wie die Bürger als spezifische Akteure über das öffentliche Geschehen informiert werden, wie zufrieden sie mit den lokalen Institutionen sind und inwieweit sie zur Partizipation an öffentlichen Angelegenheiten bereit sind. Die Positionen der Bevölkerung werden anhand der Städte Blatná, Český Krumlov und Velké Meziříčí demonstriert. Alle Texte wurden im Rahmen des Projektes „Partizipation und Partnerschaft in der Kommunalverwaltung: Bedeutung, Praxis, Aussichten“ erstellt.
Schlüsselwörter:
Kooperation, Partnerschaft, Partizipation, öffentliche Verwaltung, strategische Dokumente, Inhaltsanalyse
Zusammenfassung
Ziel der vorliegenden soziologischen Studien ist die Umreißung und Beschreibung des Grunddiskurses der Kooperation, Partizipation und Partnerschaft in ihrer Definition im Rahmen der demokratischen Gesellschaftsordnung der Tschechischen Republik. Die einzelnen Autoren befassen sich in ihren Beiträgen mit den Schlüsselbereichen, die diesen Diskurs bilden.
Zunächst wird der Bereich der für Tschechien geltenden gesetzlichen Normen analysiert. Die tschechische Rechtsordnung bietet in dieser Hinsicht einen relativ breiten Rahmen sowohl für verschiedene Formen der Gemeindepartnerschaft, als auch für die politische Partizipation der Bürger in den Gemeinden. Dieser Raum könnte freilich noch erweitert werden, insbesondere was die rechtliche Verankerung weiterer Formen der Partizipation auf kommunaler Ebene betrifft (so gibt es z.B. keine rechtliche Regelung verschiedener Formen von Bürgerkonsultationen bei Entscheidungen über wichtige Angelegenheiten in der Gemeinde bzw. zur Partizipation von Bürgergemeinschaften – beides wird in entwickelten Ländern im Zusammenhang mit der Durchsetzung des interaktiven Modells der öffentlichen Verwaltung, der sog. Democratic Governance praktiziert).
Was die zeitgenössische Forschung im Bereich der tschechischen Sozial- und Politikwissenschaften betrifft, so gibt es insgesamt relativ viele Studien zum Thema Partizipation und Partnerschaft. Auf der anderen Seite muss jedoch auch gesagt werden, dass nur wenige dieser Studien sich ausdrücklich mit den Prozessen auf kommunaler Ebene befassen. Zu den grundlegenden Feststellungen gehört die Tatsache, dass die Prozesse der Partnerschaft und Partizipation in Tschechien stattfinden. Sie werden von seiten der EU betont, sind in gewissem Maße gesetzlich verankert, und es gibt eine ganze Reihe von Bürgerverbänden, deren Ziel die Förderung von Partizipation und Gemeinwesen ist. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch Hindernisse für die Entwicklung der Partizipation, die im mangelnden Engagement der Bürger, auf seiten der Vertreter der Kommunalveraltungen und auch auf seiten des Non-Profit-Sektors und seiner Partizipationsfähigkeit zu sehen sind. Auch die formale Regelung der Partizipationsverfahren ist seitens der Kommunalverwaltungen noch wenig entwickelt – die Partizipationsmöglichkeiten sind damit insbesondere von unformalen persönlichen Beziehungen abhängig.
Die Inhaltsanalyse von Medien zeigte, dass die Begriffe Kooperation und Partnerschaft in der Presse relativ häufig verwendet werden, während Begriffe wie Partizipation, sozialer Zusammenhalt, soziale Kohäsion und Sozialkapital, die ebenfalls den von uns untersuchten Grunddiskurs definieren, in der Presse eher am Rande oder gar nur vereinzelt auftauchen. Die Begriffe Partnerschaft und Kooperation werden in der Presse im breiten Bedeutungsspektrum verwendet, so dass man annehmen kann, dass sie in der breiten Öffentlichkeit ebenso verstanden und verwendet werden (wenn man auch nicht von einer verbreiteten Kenntnis aller Zusammenhänge der Partnerschaft wie beispielsweise Public Private Partnership ausgehen kann). Der Begriff der Partizipation tauchte dagegen in den analysierten Presserzeugnissen nur minimal auf. Die Verwendung des Begriffs Partizipation im Sinne der Beteiligung an der Entscheidungsfindung ist bislang nicht üblich, so dass angenommen werden kann, dass dieser Begriff in der breiten Öffentlichkeit in der Regel nicht mit diesem Inhalt verbunden wird.
Die weitere Analyse befasst sich mit den Wahlprogrammen der derzeit im Parlament vertretenen politischen Parteien und mit der Regierungserklärung von 2006. Die politischen Parteien rechnen mehr oder weniger mit der Beteiligung und Kooperation von Bürgern und Verbänden an der Verwaltung der Gesellschaft. Im Zusammenhang mit dem Begriff „Good Governance“ wird die Zivilgesellschaft als wichtiger Partner der Regierung erwähnt. Dies ist allgemein als Indikator für die Offenheit der politischen Parteien gegenüber der Öffentlichkeit anzusehen. Was die Erwähnungen des Begriffs Partnerschaft (sowie Public Private Partnership) betrifft, so tauchen diese lediglich in den Programmen der ČSSD und KDU-ČSL auf. Beide Parteien sehen die Mikroregionen auch als Gelegenheit für lokale Partnerschaften zwischen öffentlichem, privatem und Non-Profit-Sektor an. Der soziale Zusammenhalt gilt im Wahlprogramm der ČSSD als Schlüsselfaktor der gesellschaftlichen Entwicklung, wobei die Möglichkeit einer adäquaten Berufsausübung als Voraussetzung hierfür angesehen wird. Für die Grünen basiert der soziale Zusammenhalt auf der Bildung, wobei sowohl die ČSSD als auch die Grünen die Europäische Union as Garanten des sozialen Zusammenhalts sehen. Die KDU-ČSL sieht in ihrem Programm selbst die Quelle für gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Die letzte Inhaltsanalyse befasst sich mit ausgewählten Entwicklungsdokumenten, die sich auf die Tschechische Republik und ihre Regionen beziehen. Die Analyse zeigt, dass hinsichtlich der Aufforderungen zur Zusammenarbeit, Partizipation und Partnerschaft Unterschiede zwischen den einzelnen Dokumenten bestehen. Die umfangreichste Reflexion der Prinzipien, die zu einer demokratischen Gesellschaftsordnung führen, findet sich in den Texten „Entwicklungsprogramm des Bezirks Vysočina, Entwicklungsplan für die Jahre 2004-2006“ und „Entwicklungsplan für die Jahre 2007-2013“. Unter den neun analysierten Entwicklungsdokumenten befasst sich dagegen das „Regionale Operationsprogramm Südwest“ am wenigsten mit den Themen Kooperation, Partizipation und Partnerschaft.
Die soziologische Studie wird abgeschlossen durch einen Text, in dem die kontinuierliche Untersuchung der Positionen von Bürgern und Vertretern der Kommunalverwaltung zur Partizipation der Bürger am öffentlichen Geschehen in den Gemeinden Blatná, Český Krumlov und Velké Meziříčí zusammengefasst wird. Die Autoren der Studie kommen auf Grundlage der Daten zu dem Schluss, dass obwohl ein bedeutender Teil der Einwohner sich in den beobachteten Städten nicht ausreichend informiert fühlt und mit der Arbeit der Kommunalorgane nicht zufrieden ist und die Vertreter der Kommunalverwaltung die Partizipation der Bürger ebenfalls als unzureichend bezeichnen, insbesondere über unformale Kanäle wichtige Informationen über das Geschehen in der Stadt zur Bevölkerung gelangen und eine Partizipation hier in gewissem Maße stattfindet. Die Gespräche mit Vertretern der Kommunalverwaltungen deuten jedoch darauf hin, dass es sich um eine kleine Gruppe von Leuten handelt, die bei verschiedenen Gelegenheiten aktiv am öffentlichen Geschehen teilnehmen. Breitere Bevölkerungsgruppen sind nur dann bereit, an öffentlichen Angelegenheiten zu partizipieren, wenn sie persönlich davon betroffen sind. Wie die Daten der Untersuchung aus den genannten drei Städten zeigen, besteht eine gewisse Distanz zwischen öffentlichem und privatem Bereich, ein gewisses Misstrauen auch gegen Kommunalpolitiker, aber auch eine geringe Bereitschaft der Bürger, als Wahlkandidaten für die Gemeindeorgane aufzutreten und so am politischen Leben teilzuhaben.
Aus dem Gesagten geht als Schlussfolgerung dieser soziologischen Studie hervor, dass die Informationskanäle zur Kooperation, Partizipation und Partnerschaft auf lokaler Ebene zwar relativ offen sind, ihre Nutzung jedoch bei weitem noch nicht verbreitet und problemlos ist. Das System der Kommunikationskanäle zwischen den lokalen Akteuren der öffentlichen Sphäre und die auf diesem aufbauenden Grundsätze der Kooperation, Partizipation und Partnerschaft befindet sich in Tschechien immer noch im Aufbau. Dies ist Anregung und zugleich Aufforderung zur weiteren Forschung und zur Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Vertiefung der demokratischen Gesellschaftsordnung.
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