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2007:4 Der tschechische Arbeitsmarkt: Veränderungen von Strukturen und Arbeitsorientierungen |
Jiří Večerník (ed.) |
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Das Projekt „Anpassung der Arbeitskräfte in der Tschechischen Republik: Veränderungen der Berufsstrukturen, Lohndifferenzierung und Arbeitsorientierung“ nutzt verschiedene Datenquellen zur Beschreibung der Veränderungen in den genannten Bereichen im vergangenen Jahrzehnt. Die einzelnen Kapitel sind den verschiedenen Aspekten dieser Problematik gewidmet und sollen ein mehrdimensionales Bild der sich ändernden tschechischen Arbeitnehmer und ihrer Einstellungen zeichnen sowie bestimmte Schlüsselprobleme aufzeigen. Im ersten Kapitel wird der tschechische Arbeitsmarkt aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Nach anfänglicher Beschreibung der Entwicklung des Arbeitsmarktes in den 90. Jahren widmen wir uns der Zusammensetzung der Arbeitskräfte, der Mobilität und den Risikokategorien der Bevölkerung. Es folgt eine politische Übersicht, insbesondere ein Blick auf die Beschäftigungspolitik und ihre Effektivität. Danach analysieren wir die Flexibilität der Arbeitskräfte in ihren verschiedenen Formen und eröffnen zum Abschluss bestimmte Fragen zur weiteren Entwicklung des Arbeitsmarktes. Im zweiten Kapitel illustrieren wir anhand von Einkommenserhebungen zu den Jahren 1988-2002 die Veränderungen der Ungleichheiten von Verdiensten und Familieneinkommen, wir analysieren die Hauptfaktoren dieser Unterschiede und zeigen die Verbindungen zwischen den beiden Verteilungswegen auf. Im dritten Kapitel befassen wir uns mit den Unterschieden der Verdienste von Frauen und Männern und deren Entwicklung und Faktoren. Das vierte Kapitel ist den Transformationsstrategien der tschechischen Landwirtschaft nach 1989 gewidmet, die durch mehrere Fallstudien illustriert werden. Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Dynamik der Unternehmerschicht hinsichtlich ihrer Entstehung und weiteren Entwicklung. Im sechsten Kapitel untersuchen wir den sich ändernden Wert der Arbeit und die Einstellung zum Beschäftigungsverhältnis im Vergleich der Jahre 1997 und 2005. Im Anhang dokumentieren wir die Veränderungen der Berufsstrukturen in Tschechien im Vergleich zu anderen EU-Ländern.
Schlüsselwörter
Arbeitsmarkt, Brufe, Verdienst, Unternehmer, Landwirte, Gender Gap, Wert der Arbeit, Tschechische Republik
Zusammenfassung
Die Erkenntnisse über den Arbeitsmarkt und die Arbeitskräftestruktur in Tschechien sind umfangreich, jedoch nicht ausreichend integriert. Die Untersuchungen beschreiben wichtige Merkmale isoliert und bieten so kein komplexes Bild des Humankapitals. Insbesondere werden die „harten“ statistischen Daten nicht in Beziehung gesetzt zu den „weichen“ Einstellungen. Eine solche komplexe Information ist für die Beobachtung des Prozesses der Annäherung der Arbeitskräfte an eine für die Konkurrenzfähigkeit der tschechischen Wirtschaft wichtige wissensbasierte und dynamische Gesellschaft erforderlich. Das Projekt „Anpassung der Arbeitskräfte in der Tschechischen Republik: Veränderungen der Berufsstrukturen, Lohndifferenzierung und Arbeitsorientierung“ nutzt verschiedene Quellen – statistische und soziologische Untersuchungen, Fallstudien u.a. - zur Beschreibung der Veränderungen, die von der Mitte der 90. Jahre bis in die letzten Jahre stattfanden. In dieser Publikation sind Kapitel versammelt, die sich mit den verschiedenen Aspekten dieser Problematik befassen und so ein mehrdimensionales dynamisches Bild der sich ändernden tschechischen Arbeitnehmer und ihrer Einstellungen zeichnen sowie bestimmte Schlüsselprobleme aufzeigen.
Im ersten Kapitel wird der tschechische Arbeitsmarkt aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Zunächst beobachten wir seine spezifischen Entwicklungsphasen in den 90. Jahren. Danach wird die sich ändernde Zusammensetzung der Arbeitskräfte und die Mobilität in Augenschein genommen. Des weiteren widmen wir uns den Bevölkerungskategorien, die einem erhöhten Risiko auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt sind. Es folgt eine politische Übersicht, insbesondere ein Blick auf die Beschäftigungspolitik und ihre Effektivität. Des weiteren analysieren wir die Flexibilität der Arbeitskräfte in ihren unterschiedlichen Gestalten. Abschließend eröffnen wir Fragen zur weiteren Entwicklung: den „Werkbankcharakter“ des tschechischen Arbeitsmarkts und der Arbeitskräfte, die geringe Begeisterung für die Arbeit, die steigende Differenzierung des Arbeitsmarktes und den schwachen rechtlichen und institutionellen Rahmen für Unternehmer und Beschäftigte.
Im zweiten Kapitel illustrieren wir anhand von Einkommenserhebungen zu den Jahren 1988-2002 die Veränderungen der Ungleichheiten von Verdiensten und Familieneinkommen, wir analysieren die Hauptfaktoren dieser Unterschiede und zeigen die Verbindungen zwischen den beiden Verteilungswegen auf. Zunächst bieten wir ein Interpretationsschema der Systemveränderungen an, das auf dem Übergang vom „Bedarfsprinzip“ zum „Marktprinzip“ basiert. Des weiteren zeigen wir die sich verändernde Gewichtung der einzelnen Faktoren der Verdienstunterschiede, wobei hier die Bedeutung der Bildung und des Berufs zugenommen hat. Anschließend verfolgen wir die vermittelnden Strukturen zwischen Verdiensten und Familieneinkommen gemeinsam mit dem Gesamtbild der Einkommensquellen von Familien. Im neuen System erzielen die Haushalte mehr Einkommen aus Arbeit, von dem jedoch auch mehr vom Staat umverteilt wird. Eine systemimmanente Veränderung fand in der Grundachse der Einkommenverteilung statt, die nicht mehr in demografischen Faktoren, sondern in der Bildung besteht.
Im dritten Kapitel beschäftigten wir uns mit den Verdienstunterschieden von Frauen und Männern. Diese Angelegenheit ist jedoch etwas komplizierter: Wenn nämlich gilt, dass der Einzelne sich nach dem erwarteten Lohn für eine Anstellung entscheidet, so haben diejenigen mit geringerer Bildung eher die Tendenz, außerhalb des Arbeitsmarktes zu bleiben. Dadurch wird jedoch die gender-bedingte Lohnspanne negativ beeinflusst. Im Text beurteilen wir die Lohnfunktion getrennt nach Männern und Frauen und verfolgen dabei die Struktur dieser Lohnspanne. Die Methode der Dekomposition enthüllt mehrere Effekte, die an der Lohnspanne beteiligt sind: den Effekt der aus den verschiedenen Persönlichkeits- und Berufscharakteristiken hervorgehenden Fähigkeiten, den Vergütungseffekt, der verschiedene Formen der Vergütung der angeführten Charakteristiken verursacht, sowie den Selektionseffekt, der die potentielle Lohnspanne reflektiert, zu der es kommen kann, wenn eine bis dahin außerhalb des Arbeitsmarkts befindliche Person eine Anstellung aufnimmt. Für die Analysen wird eine neue und sehr ergiebige Datenquelle (die statistische Erhebung „Lebensbedingungen 2005“) verwendet, die Informationen von Arbeitnehmern sowie von nicht in Arbeit stehenden Personen umfasst.
Das vierte Kapitel ist den Transformationsstrategien der tschechischen Landwirtschaft nach 1989 gewidmet. Zu Beginn der Transformation hatte dieser Sektor gewisse Vorteile in Gestalt umfangreicher landwirtschaftlicher Betriebe sowie relativ gut ausgebildeter und preisgünstiger Arbeitskräfte, so dass die tschechische Landwirtschaft im europäischen Maßstab konkurrenzfähig war. Auf der anderen Seite standen Mängel wie eine negative Arbeitshaltung, mangelnder Respekt vor dem Eigentum Dritter, geringe Effektivität und Qualität bei unangemessen hohen Erwartungen der Farmer. Die Untersuchung zeigt die verschiedenen sozio-ökonomischen Transformationsstrategien, die tschechische und ausländische Investoren eingeschlugen. Tschechische Unternehmer wählten in der Regel relativ strenge asoziale Verhaltensformen und verstanden ihr Unternehmen eng im Sinne des materiellen Gewinns, sofern sie erfolgreich waren. Die in Tschechien tätigen westlichen Unternehmer orientierten sich dagegen am langfristigen Gewinn, nutzten soziale Bindungen und die symbolische Funktion des Bauerntums. Das aktuelle Hauptproblem der tschechischen Landwirtschaft ist das Fehlen von Familienhöfen, die im lokalen und sozialen Umfeld verankert wären, was zur Entstehung einer „Zwei-Klassen-Landwirtschaft“ in Europa führen kann – während das westliche Modell kleine und „industrielle“ Höfe kombiniert und die europäischen Subventionen zu nutzen versteht, konzentriert sich das östliche Modell lediglich auf landwirtschaftliche Großbetriebe.
Das fünfte Kapitel konzentriert sich auf die Entwicklung der Beschäftigtenstruktur in der Industrie, insbesondere auf Unternehmer, die Geringqualifizierte beschäftigen. Eine friedfertige Transformation der totalitären Gesellschaft in eine kapitalisitisch orientierte war nicht möglich ohne die aktive Beteiligung der Nomenklatura, die daran interessiert war, ihren Vorteil im Bereich des Sozialkapitals für den Zugang zum Eigentum an Unternehmen und anderem Kapital zu nutzen. Das Mittel hierzu waren verschiedene Instrumente der Massenprivatisierung. Im Falle Tschechiens traten drei gesellschaftliche Gruppierungen ins Vorfeld, die untereinander um den Zugang zur neuen unternehmerischen Elite rangen. Der einst große Vorsprung vom Beginn der Transformation wurde jedoch mit der Zeit und mit der wachsenden in- und ausländischen Konkurrenz geringer. Die Fähigkeit zum Überleben hing nun viel mehr vom Zugang zu Finanz- und Humankapital sowie von den unternehmerischen Fähigkeiten ab. In der anschließenden Restrukturierungswelle wurde die Nomenklatura herausgedrängt. Dies wurde am deutlichsten in Branchen mit starker Konkurrenz im Im- und Exportbereich, in denen sich der Vorteil von Kapital und unternehmerischen Fähigkeiten nicht durch Innenpolitik ausgleichen ließ. Die scheidenden Unternehmer wandelten ihre Aktiva entweder in Konsumgüter um, oder wandten sich den Gewerkschaften zu, in den ihnen keine äußere Konkurrenz drohte und in denen sie die Kollusion zwischen Sozialkapital und Staatsbürokratie weiterhin nutzen konnten.
Im sechsten Kapitel untersuchen wir den sich ändernden Wert der Arbeit und die Einstellung zum Beschäftigungsverhältnis im Vergleich der Jahre 1997 und 2005. Der Text ist als kritische Lesung der Daten und Präsentation der ISSP-Module „Arbeitsorientierung“ konzipiert. Zunächst zeigen wir anhand von Beispielen aus vorherigen internationalen Untersuchungen einige methodologische Probleme der Ermittlung von Werten und Einstellungen in der Arbeitswelt auf. Des weiteren umreißen wir den Rahmen der Systemveränderungen und formulieren Hypothesen zur Differenzierung der angeführten Werte hinsichtlich des Geschlechts, des Alters, der Bildung und des Berufs. Anschließend vergleichen wir die Erwartungen der Menschen bezüglich ihrer Arbeit und Anstellung mit deren Erfüllung, auch hier auf Grundlage der mitgeteilten Meinungen und Einstellungen. Es folgt eine Analyse der Position der Menschen und ihrer Interessen und Einstllungen hinsichtlich der unterschiedlichen Welten von Familie und Firma und der Faktoren für die Zufriedenheit mit Arbeit und Anstellung. Zum Schluss diskutieren wir die Rolle der subjektiven Perzeption in der Wirtschaft und die Frage der „tatsächlichen“ Veränderung von Werten im Zuge der Transformation.
Im Anhang dokumentieren wir das Problem der zeitlichen und internationalen Veränderung von Beschäftigungs- und Berufsstrukturen. Das Problem besteht de facto trotz der Bemühungen internationaler Organisationen und Forschungsteams. Unsere Analyse beschränkt sich auf große nach Branche und Beruf geordnete Kategorien und bietet daher nur ein grobes Bild der Eigenheiten unseres Landes in diesem Bereich. Die komparativen EU-SILC-Daten, die Informationen über Berufs-, Branchen- und Lohnstrukturen enthalten (verfügbar Ende 2007) ermöglichen eine vielschichtige Analyse der Arbeitskräftestruktur.
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