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2007:11 Dauerhafte oder vorübergehende Veränderung? Gender-Rollen in Familien, in denen Väter an der Kinderpflege beteiligt sind. |
Hana Maříková (ed.), Marta Vohlídalová |
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Die Beteiligung von Vätern an Kinderpflege und Kindererziehung wird als eine der Möglichkeiten angesehen, wie kulturelle und soziale Gender-Ungleichheit aufgebrochen werden kann. Die Studie möchte daher die Frage beantworten, ob in Familien, in denen Väter bereits in der frühkindlichen Phase an der Kinderpflege beteiligt sind, die Gender-Ungleichheit in der Familie aufgebrochen wird, oder ob es sich eher um eine Abwandelung des Status quo handelt. Gleichfalls wird die Frage aufgeworfen, wann es zur Schaffung von Gender-Gleichheit in der Familie kommt (bzw. kommen kann) und welches die Beziehung zwischen Gender-Gleichheit in der Familie und Gender-Ungleichheit in der Gesellschaft ist. Am Anfang der Studie steht eine Analyse mehrerer unlängst durchgeführter und mit dem Thema zusammenhängender quantitativer Erhebungen, wobei diese Analyse den Rahmen bildet, innerhalb dessen die Analyse der qualitativen Daten in einen breiteren gesellschaftlichen Zusammenhang gestellt wird. Der Schwerpunkt der Studie geht von einer eigens hierfür im Jahr 2006 in Form von teilstrukturierten Interviews durchgeführten qualitativen Erhebung aus, deren Ziel es war, die Konstruktion von Eltern- und Nichtelternrollen bei den Befragten sowie die Bildung und Reflexion von Eltern- und Gender-Identitäten der Befragten zu erfassen. Die Problemanalyse beschränkt sich freilich nicht allein auf die genannten Quellen, sondern stützt sich gleichfalls auf Feststellungen und Erkenntnisse aus der relevanten tschechischen und internationalen Forschung und aus einschlägigen Studien zu dieser Problematik.
Schlüsselwörter
Mutterschaft, Vaterschaft, gemeinsame Elternschaft, an der Kinderpflege teilhabende Vaterschaft, Gender-Un-/Gleichheit, hegemoniale Maskulinität, Väter in der Kinderpflege, Mütter in der Kinderpflege, Elternarbeit, Arbeit für die Familie, Hausarbeit
Zusammenfassung
Die Beteiligung von Vätern an Kinderpflege und Kindererziehung wird als eine der Möglichkeiten angesehen, wie kulturelle und soziale Gender-Ungleichheit aufgebrochen werden kann. Die Studie möchte daher die Frage beantworten, ob in Familien, in denen Väter bereits in der frühkindlichen Phase an der Kinderpflege beteiligt sind, die Gender-Ungleichheit in der Familie aufgebrochen wird, oder ob es sich eher um eine Abwandelung des Status quo handelt.
An der Kinderpflege bzw. am Haushalt beteiligte Väter kommen mit ihrer Situation auf unterschiedliche Art und Weise klar: sie verwenden unterschiedliche Strategien, sie definieren ihre Rollen auf unterschiedliche Art und Weise neu und restrukturieren diese, ggf. re-konstruieren sie ihre Identität und erleben und interpretieren ihre Situation auf unterschiedliche Art und Weise. Dies gilt auch für ihre Rückkehr zur Erwerbsarbeit. Beide Situationen sind jedoch relativ „neu“, und es gibt für sie noch kein vorgegebenes Drehbuch, kein Lösungsschema, wobei dies für beide Elternteile gilt und die Mütter davon nicht ausgenommen sind.
Im ersten Kapitel werden die theoretisch-methodologischen Grundlagen der Problematik der Gender-Organisation der Gesellschaft vorgestellt, insbesondere die Problematik der Gender-Un-/Gleichheiten in der Familie, die sich nicht nur in der Aufassung von Mutter- und Vaterschaft bzw. Elternschaft äußern, sondern auch darin, wie die Kinderpflege konstruiert ist, welches Bild von Hausarbeiten vorherrscht, und mit welchen Bedeutungen und Wertungen diese Aktivitäten von den sozialen Akteuren selbst verbunden werden. In diesem Zusammenhang weist die Autorin Hana Maříková auf die Problematik der Degenderisierung von Aktivitäten hin, die als genderspezifische Aktivitäten aufgefasst und bezeichnet werden, sowie auf die Bedeutung der „neutralen“ Bezeichnung dieser Aktivitäten. Das erste Kapitel enthält gleichfalls einen methodologischen Abschnitt bezüglich der durchgeführten qualitativen Datenerhebung, die das Ausgangsmaterial für die im dritten und vierten Kapitel dieser Publikation enthaltene qualitative Analyse darstellt.
Der qualitativen Analyse geht die Analyse der quantitativen Daten voraus. Im zweiten Kapitel wird die Problematik der Kinderpflege und Kindererziehung sowie der Aufteilung der Hausarbeiten verfolgt. Dies geschieht anhand repräsentativer Bevölkerungsproben im Rahmen der soziologischen Erhebungen „Proměny 2005“ (Veränderungen 2005) und „Rodiče 2005“ (Eltern 2005), die von der Abteilung Gender und Soziologie in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungszentrum des Soziologischen Forschungsinstituts Prag (CVVM Sociologického ústavu, v.v.i.) realisiert wurden. Diese Analyse bildet den Rahmen, in den anschließend die qualitative Analyse gesetzt wird. Die Analyse der quantitativen Daten deckt den vorherrschenden Modus der Aufteilung der Tätigkeiten in Familie und Haushalt zwischen Ehepaaren bzw. in Partnerschaften im Rahmen des bislang vorherrschenden Familientyps, der heterosexuellen Familie, auf und erstreckt sich auf den Familienzyklus. Die Autorin dieses Kapitels, Marta Vohlídalová, kommt zu dem Schluss, dass die Aufteilung von Hausarbeiten und Kinderpflege in tschechischen Familien weiterhin sehr traditionell ist. Nach wie vor übernehmen Frauen den überwiegenden Teil der Hausarbeit und der Kinderpflege, obwohl sie meist beruftstätig sind. Männer, die sich in der Regel stark mit der Rolle des Familienernährers identifizieren, engagieren sich in der Sphäre der „Reproduktion“ des Lebens nicht besonderes stark. Die meisten Familien leben in der „traditionellen Partnerschaft“, in der die Frau mehr Zeit für Haushalt und Kinderpflege aufwendet als der Mann. Die Modelle einer gleichmäßigen Aufteilung oder einer umgekehrten Anordnung sind ausgeprägte Minderheitsmodelle. Weiter verbreitet ist das Modell der „gemischten Aufteilung“, in der die Frau im Vergleich zum Mann mehr Zeit für den Haushalt aufwendet, in der sich jedoch beide Elternteile gleichmäßig an der Kinderpflege beteiligen.
Wenngleich eine Analyse dieser Art eher eine unpersönliche Sicht auf die soziale Realität darstellt, werden die aus dieser Analyse gewonnenen Erkenntnisse in einen genderorientierten Interpretationsrahmen eingebettet. Diese „gender-objektivistische“ Sicht der sozialen Realität stellt eine Ergänzung zur Sichtweise dar, die von der Prämisse der Bildung der menschlichen Welt durch ihre Akteure ausgeht bzw. die die Konstruktion der sozialen Realität durch das Individuum bzw. durch das Kollektiv betont.
Den Schwerpunkt der Studie bildet die Analyse der qualitativen Erhebung, mit der die Situation erfasst wird, in der der Mann (auch) auf „Elternurlaub“ war (siehe 3. Kapitel) und danach (erneut oder wieder in Vollzeit) berufstätig wurde (siehe 4. Kapitel). Wenngleich das Ziel dieser Analyse darin bestand, aufzudecken, wie die Beteiligten der Erhebung ihre tagtägliche Realität in den gegebenen bzw. vordefinierten Lebenssituationen konstruieren, wie sie sie interpretieren, welchen Sinn und welche Bedeutung sie ihrem Verhalten und Handeln in diesen Lebenssituationen beimessen, denn das Ziel war die Erfassung „ihrer Definition“ (Konstruktion) der sozialen Realität, so ist diese Analyse nicht eine bloße Reproduktion der Sichtweise der Beteiligten, sondern enthält gleichfalls eine Auswertung und Interpretation der Forscherin, die sich dabei in theoretisch-methodologischer Hinsicht hauptsächlich auf die Gender-Analyse und die in dieser enthaltenen kritischen Perspektive stützt.
Die Analyse der Gesprächsdaten zeigte, dass der Prozess des Vordringens von Männern bzw. Vätern in die private Sphäre hinsichtlich der Auswirkungen auf die Gender-Gleichheit ambivalent ist. Das Modell, in dem es in einer gewissen Phase zur Umkehrung der Gender-Rollen kommt, ist zwar ein Modell, dass sowohl die Vorstellung vom entfernten Vater und Familienernährer als auch die Vorstellung von der Mutter als einizg geeigneter Kinderpflegerin aufbricht, was die Vorstellung von der Notwendigkeit dieser gender-ungleichen Familienanordnung schwächt, gleichzeitig kann es jedoch auch ein Modell darstellen, in dem die Gender-Ungleichheit neu produziert oder wiederholt reproduziert wird. Hierzu kommt es auf Grundlage der Anwendung des Mechanismus der Bewertung der von Männern ausgeübten Aktivitäten als „wertvoller“, aufgrund einer einseitig orientierten positiven Bewertung und Wertschätzung des Mannes, in der Regel jedoch nicht der Frau, in Bezug auf die Ausübung der mit der Rollenvertauschung verbundenen Aktivitäten: konkret handelt es sich dabei um die Kinderpflege durch den Mann, jedoch nicht um die Familienernährung durch die Frau. Es zeigt sich, dass bei der Erreichung der Gender-Gleichheit in einem Paar nicht nur bestimmend ist, ob die Ausübung der für Familie und Haushalt erforderlichen Tätigkeiten bzw. die Arbeit für die Familie im Elternpaar gleichmäßig aufgeteilt ist, sondern auch auf welcher Grundlage dies geschieht, nach welchem Prinzip die soziale Bewertung der im Rahmen des Paares ausgeübten Tätigkeiten durch das Elternpaar selbst erfolgt. Zur Reproduktion der Gender-Ungleichheiten auf der Ebene des Elternpaares kommt es auch auf Grundlage der Vorteile und Privilegien des Mannes, die die Frau in der analogen Situation nicht genießt. Die Gender-Ungleichheit bei der Aufteilung insbesondere der Hausarbeiten wird auf Grundlage der Anwendung des Prinzips reproduziert, dem gemäß es sich bei dieser Aufteilung im Falle des Mannes um eine freie Wahl und im Falle der Frau um eine Notwendigkeit zur Ausübung dieser Aktivitäten handelt. Zur Reproduktion von Gender-Ungleichheiten auf Mikroebene kommt es auf verschiedene Arten bzw. durch verschiedene Mechanismen. Und so bewirkt die Situation, in der der Mann sich gleichmäßig(er) an der Kinderpflege und am Haushalt beteiligt oder mitbeteiligt, und zwar in einer Phase, in der das Kind noch nicht regelmäßig Einrichtungen für Kinder im Vorschulalter besucht (d.h. die sog. „Elternperiode“), nicht notwendig eine Gender-Gleichheit in der Familie.
Hinsichtlich der weiteren Gestaltung der Arbeit in der Familie (siehe 4. Kapitel) erwies sich nicht nur die Tatsache als wichtg, ob die Männer in der Lage waren, sich selbst als „Familientyp“ zu „redefinieren“, sondern auch die Tatsache, ob in der Familie weitere Kinder geboren wurden und wie diese Situation in der Familie hinsichtlich der Eignung oder Nichteignung der bisherigen Arbeitsteilung bewertet wurde. Eine ausgewogenere Aufteilung im partizipativen Modell wurde oft durch „externe Hilfe“, erzielt, d.h. durch die Übernahme notwendiger Aktivitäten durch eine andere Person – in der Regel durch eine weitere Frau, also im Rahmen der weiteren Familie (Großmutter) oder auch außerhalb der Familie durch Anmietung einer (nicht allzu teuren) weiblichen Arbeitskraft. Eine Gender-Gleichheit auf der Ebene des Elternpaares kann also paradoxerweise gerade durch die Nutzung vorherrschender Gender-Ungleichheiten in der Gesellschaft erzielt werden (kostenlose bzw. relativ günstige – im Vergleich mit anderen Arbeitskräften – weibliche Arbeitskraft, die sich um Haushalt oder Kinderpflege kümmert).
Im abschließenden fünften Kapitel werden die wichtigsten Feststellungen und Erkenntnisse aus beiden Analysen zusammengefasst. Die Autorin dieses sowie der vorhergehenden Kapitel, Hana Maříková weist hier darauf hin, dass bei der Analyse der qualitativen Daten im Zusammenhang mit der Erreichung der Gender-Gleichheit im Rahmen des Elternpaares wiederholt die folgende grundsätzliche Frage auftauchte: „Inwieweit kann eine individuelle Gleichheit im Rahmen eines Paares in einem ansonsten in Gender-Ungleichheit funktionierenden gesellschaftlichen System, dessen Bestandteil das Paar ist, erzielt werden?“. Die Beantwortung dieser Frage ist nach Meinung der Autorin weiterer eingehender wissenschaftlcher Aufmerksamkeit wert.
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publikace SOU k prodeji celkovy seznam 6-08.pdf |
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