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2006:13 Elternschaft und Kinderlosigkeit in ausgewählten Frauen- und Männerzeitschriften |
Hana Hašková (ed.), Jana Pomahačová |
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Ziel unserer Studie ist die Untersuchung der Frage, ob und auf welche Weise in der tschechischen Gesellschaft in Zeitschriften mit unterschiedlichen Gender-Zielgruppen die Themen Elternschaft und Kinderlosigkeit reflektiert werden. In der Studie legen wir die Ergebnisse qualitativer und quantitativer Analysen ausgewählter Frauenzeitschriften und qualitativer Forschungssonden ausgewählter Lifestyle-Magazine für Männer vor, die nach 1989 in Tschechien erschienen, also in einer Zeit erheblicher Veränderungen des Reproduktionsverhaltens. Die Analyse zeigt die Ähnlichkeiten, aber auch die Unterschiede in der inhaltlichen und stilistischen Verarbeitung der Themen Kinderlosigkeit und Elternschaft in tschechischen Frauen- und Männerzeitschriften auf. Die untersuchten Zeitschriften ähneln sich insbesondere in der Verwendung biologisierender Erklärungsrahmen des Verhaltens von Männern und Frauen und in der impliziten Erwartungshaltung bezüglich der Elternschaft im Leben von Männern und Frauen. Während jedoch in der Welt der Frauenzeitschriften die Identität der Frau fest mit der Mutterrolle verknüpft ist, kommt es in Männerzeitschriften nicht zu einer derart starken Verbindung zwischen Vaterschaft und männlicher Identität. In Frauenzeitschriften wird der Wert der Mutterschaft um der Mutterschaft selbst willen akzentuiert, sowohl im Sinne der werdenden Mutterschaft als auch im Sinne der mutterschaftlichen Praxis, während in Männerzeitschriften die Vaterschaft (wenn überhaupt) als Bestandteil der Beziehung zur Frau und gleichfalls eher die Vaterschaft im Sinne der Entscheidung für die Vaterschaft und deren biologischer Aspekt (Zeugung, Übergabe der genetischen Information) als die vaterschaftliche Praxis akzentuiert wird. Paradoxerweise (oder vielleicht gerade deshalb) wird das Thema der bewussten lebenslangen Kinderlosigkeit in Frauenzeitschriften marginalisiert und in Männerzeitschriften überhaupt nicht behandelt.
Schlüsselwörter:
Kinderlosigkeit, Mutterschaft, Vaterschaft, Medien, Frauen- und Männerzeitschriften
Zusammenfassung
In diesen soziologischen Studien legen wir die Ergebnisse qualitativer und quantitativer Analysen ausgewählter Frauenzeitschriften und qualitativer Forschungssonden ausgewählter Lifestyle-Magazine für Männer vor, und zwar von ihrem ersten Erscheinen in der Tschechischen Republik nach 1989 bis zum Jahr 2005. Unser Ziel war die Untersuchung der Frage, ob und auf welche Weise in Tschechien in Zeitschriften mit unterschiedlichen Gender-Zielgruppen die Themen Elternschaft und Kinderlosigkeit reflektiert werden. Konkret handelte es sich um die Zeitschriften Katka, Cosmopolitan, Překvapení, Zdraví, Men´s Health, Esquire und Maxim (Quo), deren Erscheinen in eine Zeit erheblicher Veränderungen des Reproduktionsverhaltens fällt.
Zu den bedeutendsten Indikatoren dieser Veränderungen gehört der Rückgang der auf verschiedene Weisen gemessenen Geburtenraten, die Aufschiebung der Elternschaft, der steigende Anteil der (bislang) kinderlosen Erwachsenen in der Bevölkerung, der steigende Anteil an Kindern, die in nichtehelichen Gemeinschaften geboren werden, aber auch der steigende Anteil lediger Mütter sowie der steigende Anteil unvollständiger Familien bzw. alleinerziehender Mütter. Die Daten zeigen überdies, im Unterschied zu jungen Frauen, einen erheblich höheren Anteil junger Männer auf, die sich ihrer Reproduktionspräferenzen (bislang) eher unsicher sind.
Die Medien reflektieren und schaffen dabei auf spezifische Weise die soziale Wirklichkeit. Das Studium von Medieninhalten ist daher ein wichtiges Instrument zur Analyse und zum Verständnis gesellschaftlicher Veränderungen. Unser Ziel war es, im angedeuteten Kontext der aktuellen Diskussionen über die Verränderungen (der zeitlichen Planung und des Wertes) der Elternschaft zu untersuchen, welche Fragen im Zusammenhang mit dem Phänomen der Elternschaft und der Kinderlosigkeit in der Welt ausgewählter Frauen- und Männerzeitschriften aufgeworfen werden, welche Themen auftauchen, wie diese verarbeiten werden, welche Ebenen und Aspekte der Mutterschaft/Vaterschaft/Kinderlosigkeit aufgedeckt werden und welche im Gegenteil in den beobachteten Zeitschriften unsichtbar bleiben. In unserer Untersuchung stellten wir uns die folgenden grundlegenden Forschungsfragen: Wie nehmen Frauen/Männer in der Welt der Frauen- und Männerzeitschriften die Themen Mutterschaft/Vaterschaft/Kinderlosigkeit wahr – was bedeuten diese Themen für sie? Auf welche Weise werden in diesen Zeitschriften Beziehungen zwischen Mutterschaft und Weiblichkeit bzw. Vaterschaft und Männlichkeit hergestellt? Wie werden die Gewinne oder Verluste definiert, die Mutterschaft/Vaterschaft/Kinderlosigkeit mit sich bringen? Welche Rolle spielen in der Welt der Frauen- und Männerzeitschriften emotionale, wirtschaftliche, soziale oder andere Faktoren für die Familienplanung? Welche Hindernisse der Gründung einer Familie werden in Frauen- und Männerzeitschriften ggf. artikuliert? In welche Erklärungsrahmen werden seitens der Zeitschriftenredaktionen und der von diesen angesprochen Fachleuten die beobachteten sozio-demografischen Trends eingebettet?
In unseren Analysen weisen wir darauf hin, dass der Mutterschaft in Frauenzeitschriften immer noch ein sehr hoher Wert beigemessen wird, der nicht schwächer wird, obgleich die Bedeutung anderer der Mutterschaft konkurrierender Werte steigt. Dieser Konflikt führt in der Regel zu einer Aufschiebung der Mutterschaft (obgleich die Aufschiebung der Elternschaft hier oft mit anderen Hindernissen auf dem Wege zur Elternschaft verbunden wird), nicht jedoch zu einer Entscheidung für lebenslange Kinderlosigkeit. Mutterschaft wird in der Welt der Frauenzeitschriften erwartet. Sie wird hier mit der Frau durch die „Natürlichkeit“ verbunden – genauer mit Konzepten, die mit der „Natürlichkeit“ und „Normalität“ arbeiten, beispielsweise der „biologischen Uhr“ oder der „Mutterinstinkte“. Frauen, die Mutterschaft ablehnen, treten in Frauenzeitschriften als gesellschaftlich stigmatisierte Personen auf, die ihre Wahl ständig neu rechtfertigen müssen. Im Falle der ungewollten Schwangerschaft ist dagegen das Meinungsklima in Frauenzeitschriften ganz auf der Seite der freien Entscheidung der Frau darüber, ob sie Mutter werden will oder nicht. Die Meinung des Mannes gilt in dieser Hinsicht als unerheblich, und jeglicher Druck seitens des Mannes wird als negativ angesehen. Mutterschaft ist in Frauenzeitschriften etwas, was Frauen wollen, erwarten, etwas mit dem sie (trotz vieler Probleme, die damit verbunden sein können) positive Gefühle und ein „erfülltes Leben“ verbinden. Gleichzeitig ist Mutterschaft aber keine Selbstverständlichkeit. Viele Frauen kämpfen auf den Seiten der Frauenzeitschriften mit Problemen in der Partnerschaft oder mit Unfruchtbarkeit. Ihre Lebensgeschichten sind voll von persönlichen Investitionen mit dem einen Ziel, nämlich der Mutterschaft.
Und wie steht es um Vaterschaft, Aufschiebung der Vaterschaft, Unfruchtbarkeit oder Entscheidung für lebenslange Kinderlosigkeit in den untersuchten Lifestyle-Magazinen für Männer auf dem tschechischen Markt? Beim Vergleich der Artikel aus diesen Zeitschriften mit für die Analyse der Frauenzeitschriften herangezogenen Artikel kann festgestellt werden, dass diese Themen in Männerzeitschriften (erwartungsgemäß) des weitem nicht so oft selbständig auftauchen wie in Frauenzeitschriften. Im Gegenteil, diese Themen kommen in Männerzeitschriften nur marginal vor. Während in Frauenzeitschriften die Kraft der persönlichen Geschichten von Müttern, Frauen, die die Mutterschaft aufschieben oder sich im Gegenteil um diese bemühen, deutlich in den Vordergrund tritt, so ist das vorherrschende Merkmal der stilistischen Verarbeitung dieser Thematik in den Männerzeitschriften Ironie und Übertreibung, die in diesen Zeitschriften auch in vielen weiteren Artikeln stark vorhanden (nicht jedoch allgegenwärtig) sind. Mit Hilfe dieser stilistischen Mittel konfrontieren die Redaktionen auch die ausdrücklich genannte Norm der „aktiven Vaterschaft“ (bzw. setzen sich auf diese Weise mit dieser Norm auseinander). Das Thema der Familiengründung (des Beginns der Vaterschaft) wird freilich in Männerzeitschriften weitaus häufiger verarbeitet als das Thema der vaterschaftlichen Praxis. Der Beginn der Elternschaft wird hier häufig mit der Eheschließung verbunden. Der Eintritt in die Ehe und in die Elternschaft wird in Männerzeitschriften als etwas dargestellt, dem Männer ausweichen möchten. Diejenigen, die den Mann in die Elternschaft führen („drängen“), sind in Männerzeitschriften die Frauen, die in diesem Zusammenhang oft als „Dreißigjährige“ definiert werden. Das ideale Alter des Mannes für den Eintritt in die Elternschaft wird in der Regel nicht diskutiert bzw. wird in Zusammenhang mit dem biologischen Alter ihrer Partnerinnen gebracht.
Die Einstellung von Männern und Frauen zur Elternschaft wird in der Regel mit biologisierenden Erklärungen unterlegt, in denen Frauen die mit den „Mutterinstinkten“ und der Veranlagung zur Kindererziehung sind, während die „Instinkte“ der Männer nicht hinsichtlich der Erziehung und Sorge um die Nachkommen, sondern lediglich hinsichtlich des biologischen Aspektes der Elternschaft – der Kinderzeugung definiert werden. Biologisierende Erklärungsrahmen werden also in beiden untersuchten Welten, d.h. sowohl in Frauenzeitschriften als auch in Männerzeitschriften verwendet. Obgleich die „Geschichten“, in denen mit biologisierenden Konzepten gearbeitet wird, in Frauen- und Männerzeitschriften nicht die gleichen sind, deutet der Erklärungsrahmen darauf hin, dass diese „Erzählungen“ eigentlich „zwei Seiten der gleichen Münze“ sind.
Der Eintritt in Ehe und Elternschaft wird in Männerzeitschriften (ähnliche wie in Frauenzeitschriften) in den das Forschungsthema behandelnden Artikeln für die Zukunft erwartet, und Darstellungen von Männern als dominanter und sexuell hyperaktiver Kämpfer und Alphamännchen, die sich in sexuellen Aktivitäten mit einer Unzahl von schönen Frauen engagieren und ihre Partnerinnen verlassen, sobald diese Wörter wie Kinder oder Hochzeit aussprechen, werden oft (nicht jedoch immer) von ironischen Anmerkungen, Kontradiktionen begleitet und stilistisch übertrieben, so dass sich hierdurch die Möglichkeit (nicht jedoch die Notwendigkeit) eines mehrschichtigen Lesens der dargestellten Bilder der Männlichkeit eröffnet. Hierzu gehören auch kritisch-spöttische Lesarten des hegemonialen Maskulinitätskonzeptes.
Das Thema der ungewollten Schwangerschaft wird in Männerzeitschriften nicht eigenständig verarbeitet. Die fehlende Thematisierung der ungewollten Schwangerschaft in Männerzeitschriften und die Verarbeitung dieses Themas in Frauenzeitschriften, in denen die Position des Mannes bezüglich der Entscheidung über die Fortsetzung der Schwangerschaft der Frau marginalisiert wird, ist gegenseitig konsistent und konstruiert die ungewollte Schwangerschaft als „ihr Problem“.
In ähnlicher Weise wird, während wir in Frauenzeitschriften auf emotionsbetonte Texte zum Thema Wert der Mutterschaft stoßen, der Wert der Vaterschaft für Männer in Männerzeitschriften nicht selbständig thematisiert. Während in Frauenzeitschriften die Mutterschaft etwas ist, was erwartet und erwünscht wird, was einen hohen Wert hat, gleichzeitig aber keine Selbstverständlichkeit darstellt, da auf dem Wege zur Mutterschaft die verschiedensten Hindernisse auftreten können, von denen einige jedoch antizipiert werden können (z.B. das Alter), gegen die eine Gegenwehr möglich ist oder die durch verschiedene Opfer überwunden werden können, so ist die Vaterschaft in Männerzeitschriften zwar auch etwas, was für die Zukunft vorausgesetzt wird, ihr Wert für den Mann wird jedoch nicht explizit akzentuiert und gleichfalls werden auch eventuelle Hindernisse auf dem Weg zur Vaterschaft nicht diskutiert. Dies gilt auch für die Unfructhbarkeit, die in Männerzeitschriften nur vom Standpunkt der Unfruchtbarkeit des Mannes diskutiert, gleichfalls jedoch in allen Artikeln als ein durch die künstliche Befruchtung ein für alle mal gelöstes Problem dargestellt wird. Die (psychologischen, emotionellen bzw. wirtschaftlichen) Kosten der Teilnahme an Programmen zur künstlichen Befruchtung werden dabei in Männerzeitschriften nicht diskutiert, im Unterschied zu Frauenzeitschriften, die voll von persönlichen Schilderungen von Frauen sind, die sich in Zyklen der Erwartung und der medizinischen Eingriffe in ihre Körper bewegen.
Während in der Welt der Frauenzeitschriften die Identität der Frau fest mit der Mutterrolle verknüpft ist, kommt es in Männerzeitschriften nicht zu einer derart starken Verbindung zwischen Vaterschaft und männlicher Identität. In Frauenzeitschriften wird der Wert der Mutterschaft um der Mutterschaft selbst willen akzentuiert, sowohl im Sinne der werdenden Mutterschaft als auch im Sinne der mutterschaftlichen Praxis, während in Männerzeitschriften die Elternschaft (wenn überhaupt) als Bestandteil der Beziehung zur Frau und gleichfalls eher die Vaterschaft im Sinne der Entscheidung für die Vaterschaft und deren biologischer Aspekt (Zeugung, Übergabe der genetischen Information) als die vaterschaftliche Praxis akzentuiert wird.
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