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2007:8 Die politischen Folgen der Suburbanisierung |
Jana Vobecká, Tomáš Kostelecký (eds.) |
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Diese Studie befasst sich mit den politischen Folgen der Suburbanisierung an fünf ausgewählten Standorten am Stadtrand von Prag (Stadtteile Březiněves und Kolovraty) und Brünn (Jehnice) sowie im Einzugsbereich Prags (Gemeinden Horoměřice und Jesenice). Sie ist Bestandteil eines größeren Forschungsprojekts zu den sozio-ökonomischen, demographischen und politischen Veränderungen in suburbanen Gemeinden. Im Rahmen dieser Studie werden bestimmte politische Folgen der Suburbanisierung vorgestellt, die durch die quantitative Analyse nicht erfasst werden können. Es handelt sich insbesondere um die Untersuchung des politischen Verhaltens und der Partizipation zugezogener Neubürger. Hierzu wurden Fallstudien erarbeitet, die neben den allgemeinen soziodemographischen Indikatoren auch die Entwicklung, Partizipation, Themen und Akteure im Bereich der Politik beobachten. Die Untersuchung betrifft den Zeitraum vom Anfang der 90. Jahre bis zu den letzten Kommunalwahlen im Jahr 2006. Aus den Fallstudien geht hervor, dass der oftmals massive Wohnungsbau und Zuzug von Neubürgern neue Themen und auch neue Akteure in die Kommunalpolitik der untersuchten Standorte brachte. An allen beobachteten Standorten zeigte sich eine Tendenz der Stärkung des Einflusses konservativer Parteien und in bestimmten Fällen auch eine höhere Parteizugehörigkeit unter den Kommunalpolitikern. In keinem Falle kam es jedoch zu einem Rückgang der Partizipation, sowohl was die Wahlbeteiligung betrifft, als auch die Bereitschaft der Einwohner einschließlich der Neubürger, sich in der Lokalpolitik zu engagieren.
Schlüsselwörter:
Suburbanisierung, politisches Verhalten, Partizipation, Tschechische Republik
Zusammenfassung
Dem Thema der politischen Aspekte der Suburbanisierung wurde bislang in Tschechien keine große Aufmerksamkeit gewidmet. Das Team der Abteilung für Lokale und regionale Studien des Soziologischen Instituts der tschechischen Akademie der Wissenschaften, das sich mit diesem Thema beschäftigt, veröffentlichte bis dahin Arbeiten auf der Grundlage von Aggregatdaten, in denen die sozio-ökonomischen, demographischen und politischen Veränderungen in suburbanen Gemeinden im Einzugsgebiet der vier größten tschechischen Städte (Prag, Brünn, Ostrau und Pilsen) beschrieben werden. Es war jedoch offensichtlich, dass bestimmte Informationen über mögliche politische Folgen der Suburbanisierung nicht durch Analyse vorhandener Aggregatdaten und Statistiken ermittelt werden können, so dass beschlossen wurde, diese Analysen um Fallstudien zu ergänzen, deren Ergebnisse in dieser Abhandlung präsentiert werden. Die Fallstudien beschäftigten sich mit der Untersuchung des politischen Verhaltens und der Partizipation mit Schwerpunkt auf die Partizipation der Neubürger an fünf ausgewählten Standorten in Stadtteilen am Stadtrand von Prag und Brünn sowie in Gemeinden im Einzugsbereich Prags. Konkret handelte es sich um die Gemeinden Jesenice und Horoměřice im Prager Einzugsgebiet und um die Stadtteile Prag-Březiněves, Prag-Kolovraty und Brünn-Jehnice. Anhand dieser konkreten Fälle versuchten wir, Antworten auf die folgenden allgemeinen Fragen zu finden:
(1) Bringt die Suburbanisierung neue Themen in die Kommunalpolitik?
(2) Bringt die Suburbanisierung neue Akteure in die Kommunalpolitik?
(3) Ist die Kommunalpolitik in suburbanen Gebieten eher Angelegenheit Parteiloser und Unabhängiger, wie es in Gemeinden dieser Größenordnung üblich ist, oder äußert sich hier eine stärkere Parteizugehörigkeit, wie in Städten?
Zunächst werden im 2. Kapitel die einzelnen Standorte mit ihrer Lage, ihrer Einwohnerentwicklung, ihrer politischen Entwicklung seite den 90. Jahren, ihren Akteuren und Hauptthemen in der Lokalpolitik sowie ihren Aktivitäten und Vereinen vorgestellt.
Im 3. Kapitel werden anschließend die Folgen der Suburbanisierung auf die Lokalpolitik der fünf untersuchten Standorte zusammengefasst und die drei einleitenden Fragen beantwortet.
Die Analyse der ausgewählten Gemeinden zeigte, dass die Prozesse der Suburbanisierung die Lokalpolitk sowie deren Themen und Akteure beeinflussen. Es zeigte sich, dass der Suburbanisierungsprozess in soziodemographischer wie auch in räumlicher Hinsicht zu einem dynamischen Wachstum der Standorte beitrug. Die Suburbanisierung beschleunigte gleichfalls die Revitalisierung und Entwicklung der Infrastruktur, insbesondere im Falle der Gemeinden Horoměřice und Jesenice, steigerte den Druck auf Professionalisierung der Rathäuser und brachte einen erhöhten Bedarf nach offener Kommunikation mit den Bürgern über die weitere Entwicklung der Gemeinde mit sich.
Mit der Suburbanisierung hängt auch die Entwicklung der Schwerpunktthemen der Kommunalpolitik an den beobachteten Standorten zusammen. Zu den neuen Themen gehören insbesondere praktische Fragen wie die Erhöhung der Kapazität bzw. der Bau von Schulen und Kindergärten sowie allgemein die Entwicklung von Einrichtungen für Kinder und Mütter, da gerade diese einen großen Teil der Neuzugänge in diesen Gemeinden ausmachen. In Anbetracht des dynamischen Wachstums der Einwohnerzahl wird die Verkehrsüberlastung und die geringe Kapazität der vorhandenen Verkehrswege zu einem brennenden Thema. Aber auch die Vorstellungen vom Erscheinungsbild der Standorte und der Landschaft ändern sich, da die meisten Neubürger ja gerade wegen der gesunden, geräumigen und ruhigen Wohnlage zugezogen sind und diese Idee trotz Belastung des Standortes durch den Wohnungsbau erhalten möchten. In den Gemeinden Jesenice, Horoměřice und im Stadtteil Kolovraty war das Thema der Bauregulierung vor den vergangenen Kommunalwahlen im Jahr 2006 deshalb besonders aktuell. Bislang wurden in den genannten Gemeinden jedoch keine konkreten Schritte zur Bauregulierung ergriffen. Ein ständiges Problem aller suburbanen Standorte ist die mangelnde Bereitschaft der Zugezogenen, ihren Hauptwohnsitz am neuen Wohnort zu melden. Dadurch verlieren die Gemeinden Subventionen aus dem Staatshaushalt, da diese nach der Anzahl der mit Hauptwohnsitz gemeldeten Einwohner umgerechnet werden.
Eine weitere deutliche Folge der Suburbanisierung ist die Einbindung der Neubürger in die Lokalpolitik. In vier von fünf beobachteten Standorten konnten wir Neubürger in der Lokalpolitik identifizieren. Die Bereitschaft der Neubürger, sich an der Gemeindepolitik zu beteiligen, erhöhte sich (gemessen an der Anzahl der Neubürger auf den Kandidatenlisten) zwischen den Wahlen 2002 und 2006. Auch die Wahlbeteiligung an den beobachteten Standorten ist relativ hoch. Man kann also nicht behaupten, dass die Partizipation der Neubürger unbedeutend wäre.
An den meisten Standorten ist eine erhöhte Bevorzugung konservativer Parteien in der Lokalpolitik zu verzeichnen. In bestimmten Gemeinden (Jesenice, Horoměřice, Kolovraty und teilweise auch Jehnice) kommt es überdies zu einer Stärkung der Parteizugehörigkeit der politischen Repräsentation, auch hier wieder zu Gunsten konservativer Gruppierungen (insbesondere der ODS). Gleichzeitig spielen jedoch auch Parteilose in der Lokalpolitik eine wichtige Rolle.
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SS_07_08.pdf |
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