Zweck unseres Formens der Natur geworden. Es beginnt das Leben in
der Funktion der Mechanismen. Auf diese Weise beginnen jedoch die
Mechanismen oder Automaten ein globales Bild der Welt darzustellen
und teilen die Menschheit in zwei Teile, je nach der Einstellung zu den
Mechanismen. Zum ersten Teil gehören die Funktionäre der Automaten
oder Mechanismen. Diejenigen, die die Mechanismen beherrschen,
gehen mit ihnen um, realisieren das Spiel der Mechanismen. Sie stellen
die Illusion der Macht dar, wissen nicht, worüber sie sprechen. Eines von
vielen Beispielen finden wir samstags am Mittag im Fernsehsender Nova.
Rufen sie nicht an, es ist niemand lebendes dort. Den zweiten Teil der
Menschheit bilden die Kämpfer gegen die Mechanismen - die Automaten,
diejenigen, die so bewußt oder unbewußt ihr funktionieren verbessern
und die Versuche, sich von den Mechanismen zu befreien,
unterminieren; sie spielen so auch das Spiel der Automaten. So ist die
Welt in zwei Teile geteilt, beginnt die Ideologie der Mechanismen. Es
herrscht hier Freiheit - in den Terminen der Automaten.
Es bleiben diejenigen übrig, die an dem Spiel mit den Automaten nicht
teilnehmen: sie gehören nicht zu den Menschen, dennoch können sie die
Bühne nicht verlassen, bis das Spiel nicht beendet ist. Eine Zielsetzung
der Lebenden kann somit mit finaler Gültigkeit ausgeschlossen werden.
Wir leben in einer sich wandelnden Zeit.

IV.

Wir sind in eine Situation geraten die analogisch zum ursprünglichen
Mythos von Platon über die Höhle ist, welcher über unser Verbleiben in
einer Welt der Schatten spricht, und darüber, daß uns nur Umrisse der
„Wirklichkeit“ zugänglich sind, daß uns unmittelbar nur eine
nichtauthentische Welt zu Verfügung steht, aus der man ins Licht der
„Wirklichkeit“ heraustreten muß. Unsere neue Welt der Mechanismen
verhält sich zur ursprünglichen Welt der Schatten gleich wie die Welt
der Schatten zur wirklichen Welt. Ähnlich wie in Platons Mythos wissen
wir nun weder etwas über den Charakter der wirklichen Welt, noch über
den Charakter des ursprünglichen Bildes des Weltalls (der Welt der
Schatten), der seit dem Beginn des siebzehnten Jahrhunderts durch die
Verbrennung von Giordano Bruno aufhört, sichtbar zu sein, obwohl wir
einen langen Weg des Kennenlernens hinter uns haben. Haben wir etwa
diesen Weg umsonst auf uns genommen? Ja, wenn es uns unmöglich ist,
aus der Welt der Mechanismen hinauszutreten. Im gegenteiligen Fall,
wenn wir mächtig sind, nach all dem die funktionierende Welt der
Mechanismen zu verlassen, aus ihr hinauszutreten, bekommen wir als
Ersatz wohl das mächtigste Instrument ausgehändigt: die Analogie der
gegenwärtigen Welt der Mechanismen und der Welt der Schatten des
sechzehnten Jahrhunderts mit der Welt der Schatten und der wirklichen
Welt.
Nur durch den Eintritt in die Höhle, in die Welt der Automaten - der
Mechanismen und wiederum durch den Austritt können wir, jeder auf
seine Weise, einen analogischen Ausgang aus der Welt der Schatten
finden. Dazu muß man sich entscheiden in die künstliche Höhle

einzutreten, dazu muß man sich entscheiden aus der künstlichen Höhle
hinauszugehen. Drinnen lauert auf uns eine Gefahr: daß wir hier Gefallen
finden und das Hinausgehen auf eine spätere Zeit verschieben. Bis zur
Rente oder bis nach dem Tod.
Eine ähnliche Situation finden wir auch im Hamlet, der im Jahre 1600
geschrieben wurde. Im Gegensatz zu unserer Situation befinden wir uns
hier, im Theater als Zuschauer, im gegensätzlichen Extrem. Auch hier
steht die Analogie zwischen dem Paar zweier Welten. Hier erschafft das
Theater im Theater eine Vorstellung, welche Hamlet von einer unsteten
Gesellschaft inszenieren läßt, um so die Antwort auf eine Frage zu seiner
Welt, die aus einer übernatürlichen Welt kommt, zu erhalten: Ist
Claudius ein Mörder?
William Shakespeare schreibt den Hamlet, offenbar unter dem Einfluß
seines früheren Zusammentreffens mit Giordano Brunoi i, im selben Jahr,
in dem Nolanus, wie sich G. Bruno zu unterzeichnen pflegte, in Rom am
Campo de’ Fiori verbrannt wurde.
Hamlet sucht die Antwort auf eine Frage, die ihren Ursprung außerhalb
der Welt des Theaters hat, die aus jener Welt stammt. Die Antwort
intendiert, in der Handlung diese Welt zu benutzen - im Theater.
Zunächst stellt sie jedoch eine andere Frage: sich jener Welt
zuzuwenden, diese Welt sein lassen. Der Kreis schließt sich:

Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage:
Ob’s edler im Gemüt, die Pfeil’ und Schleudern
Des wütenden Geschicks erdulden, oder,
Sich waffnend gegen eine See von Plagen,
Durch Widerstand sie enden. Sterben - schlafen -
Nichts weiter! - und zu wissen, daß ein Schlaf
Das Herzweh und die tausend Stöße endet,
Die unsers Fleisches Erbteil - s’ ist ein Ziel
Aufs innigste zu wünschen. Sterben - schlafen -
Schlafen! Vielleicht auch träumen! - Ja, da liegt’s:
Was in dem Schlaf für Träume kommen mögen,
Wenn wir den Drang des Ird’schen abgeschüttelt,
Das zwingt und stillzustehn. Das ist die Rücksicht,
Die Elend läßt zu hohen Jahren kommen.
Denn wer ertrüg’ der Zeiten Spott und Geißel,
Das Mächt’gen Druck, des Stolzen Mißhandlungen,
Verschmähter Liebe Pein, des Rechtes Aufschub,
Den Übermut der Ämter und die Schmach,
Die Unwert schweigendem Verdienst erweist,
Wenn er sich selbst in Ruhestand setzen könnte
Mit einer Nadel bloß? Wer trüge Lasten
Und stöhnt’ und schwitzte unter Lebensmüh’?
Nur daß die Furcht vor etwas nach dem Tod -
Das unentdeckte Land, von des Bezirk
Kein Wandrer wiederkehrt - den Willen irrt,
Daß wir die Übel, die wir haben, lieber
Ertragen, als zu unbekannten fliehn.

So macht Gewissen Feige aus uns allen;
Der angebornen Farbe der Entschließung
Wird des Gedankens Blässe angekränkelt;
Und Unternehmungen voll Mark und Nachdruck,
Durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt,
Verlieren so der Handlung Namen. - Still!
Die reizende Ophelia. - Nymphe, schließ
In dein Gebet all meine Sünden ein.

(3. Aufzug, 1. Szene; Übersetzung: August Wilhelm Schlegel)

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